Dog & Talk - Auf eine Gassirunde mit Dr. Janey May

Dein Podcast für bedürfnisorientiertes Zusammenleben mit Hund

#105: Falsch verstandener Tierschutz

In dieser Podcastfolge möchte ich das Thema „falsch verstandener Tierschutz“ genauer unter die Lupe nehmen. Dabei geht es nicht darum, einzelne Personen zu kritisieren, sondern vielmehr um das Gesamtthema und die Strukturen, die für die zahlreichen Probleme, mit denen Tierschutzvereine aktuell zu kämpfen haben, verantwortlich sind. Einige Aspekte liegen mir besonders am Herzen und ich werde im Folgenden meine Gedanken dazu teilen.

Das Thema Tierschutz ist bei mir selbst gerade sehr aktuell. Ich selbst habe Anfang Oktober eine kleine Katzenfamilie aufgenommen, die aus einer Katzenmama und fünf Kitten besteht. Die Tiere waren in einem erschreckenden Zustand und benötigten dringend Hilfe, um wieder auf die Beine zu kommen. Doch bei einem ersten Kümmern bleibt es nicht, wenn man Tierschutz nachhaltig umsetzen möchte. Neben Versorgung stehen auch immer die Zukunftsaussichten der Tiere im Raum – mit Vermittlung und allem, was dazu gehört. Die Erfahrung hat mich gelehrt, wie schwierig es sein kann, diese Aufgaben zu koordinieren und zu bewältigen.

Füttern von freilebenden Tieren
Ich möchte mit dem kontroversen Thema des Fütterns von freilebenden Tieren beginnen. Im Internet findet man viele Informationen zu spezifischen Fällen in unterschiedlichen Ländern, aber grundsätzlich ist zu beachten, dass die Fütterung von wilden oder freilebenden Tieren in der Verantwortung der Kommunen liegt. Einzelpersonen sollten und dürfen diese Aufgabe nicht übernehmen. Doch warum ist das so?

Das bloße Füttern von wilden Tieren ist keine nachhaltige Lösung. Das Mitgefühl für Tiere kann uns dazu verleiten, sie zu füttern, ohne weiterzudenken. Es sollte jedoch auch immer beachtet werden, welche Konsequenzen eine Fütterung durch Privatpersonen haben kann. Es zieht vermehrt Tiere an, die in beengten Räumen und bei begrenzten Ressourcen unter anderem zu Kämpfen und Verletzungen führen können. Mehr Tiere auf kleinerem Raum bedeutet auch eine schnellere Verbreitung ansteckender Krankheiten. Außerdem untergräbt willkürliches Füttern die Bemühungen der örtlichen Tierschützer*innen. In unklaren Fällen ist es ratsam, sich an Tierschutzorganisationen zu wenden, die sich mit solchen Situationen auskennen. Innerhalb eines nachhaltigen Tierschutzes sollte es nach dem Füttern immer einen Schritt weiter gehen und auch das Einfangen und Kastrieren der Tiere beinhalten, um weiterem Leid vorbeugen zu können.

Auslandstierschutz und Tierschutzvereine vor Ort
In Deutschland gibt es einen Mangel an Ressourcen für den Tierschutz. Es gibt nicht genug Menschen, die Pflegestellen und ihre Unterstützung anbieten können und es fehlt oft an finanziellen Mitteln. Hinzu kommt, dass es in Deutschland keine Bundesweite und einheitliche Kastrationspflicht gibt. Dadurch kommt es immer wieder zu gewollten oder ungewollten Würfen und damit mehr Tieren, die eine gute Versorgung benötigen und verdienen, aber oft nicht bekommen können.

Außerdem steht oft der Vorwurf im Raum, dass Tierheime vor Ort ihre Tiere nicht vermitteln wollen, beziehungsweise die Vermittlung unnötig viele Hindernisse beinhaltet. Dabei ist es gut, dass die Personen, die dort arbeiten, ganz genau hinsehen und abwägen. Am Ende sollte immer eine langfristige Vermittlung das Ziel sein – es geht schließlich um das Wohl und den Schutz der Tiere. Für einige Menschen ist es dann eine schnelle Lösung, sich einen Hund aus dem Auslandstierschutz nach Hause zu holen. Eine Vermittlung ist hier manchmal – natürlich nicht immer, dies soll keine Pauschalisierung sein – vielleicht leichter. Es gibt Vereine, bei denen es keine persönlichen Ortskontrollen gibt und nicht genau überlegt wird, ob das zukünftige Zuhause auch wirklich passend für das individuelle Tier ist. In der Konsequenz kommt es dadurch zu Vermittlungen, bei denen der Hund oder die Katze am Ende doch wieder im örtlichen Tierheim landet. Es ist ein ewiger Kreislauf. Das bedeutet nicht, dass Auslandstierschutz nicht gut sein kann oder keine Hilfe im Ausland geleistet werden soll. Jedoch sollten zum Wohl der Tiere immer individuelle, gut durchdachte Einzelfallentscheidungen getroffen werden. Dies kann am besten durch geschulte Personen vor Ort passieren und weniger durch Einzelpersonen getrieben durch Mitleid. Menschen, die überlegen, ein Tier aus dem Auslandstierschutz zu adoptieren, sollten sich also mit den Hintergründen der jeweiligen Organisationen, über die die Vermittlung ablaufen soll, genau informieren.

Fazit: Es wird nicht leichter
Die Tierheime sind überfüllt und mittlerweile finden auch Welpen, sei es von Katzen oder Hunden, nur schwer ein neues Zuhause. Dafür gibt es mehrere Gründe. Einige Tiere, die während der Quarantänezeit der Corona Pandemie gut versorgt werden konnten, mussten aufgrund der Änderung der Umstände wieder ausziehen. Zudem hat sich ein zusätzlicher Markt entwickelt. In letzter Zeit haben viele Privatpersonen ihre unkastrierten Hündinnen werfen lassen – mit dem Argument, dass die Hündinnen dadurch reifer werden würden. Private Vermittlung ist für einige Menschen sehr attraktiv. Jedoch bleiben dabei auch oft die Überlegungen darüber aus, wie gut das jeweilige Tier wirklich zu den neuen Menschen passt. Und dadurch landen zusätzlich zu den anderen Belastungen noch mehr Tiere in den Tierheimen. Außerdem wurde die Gebührenordnung für Tierärzt*innen angepasst. Dies war eine notwendige und längst überfällige Änderung, die aufgrund der Strukturen innerhalb unserer Gesellschaft aber auch nach sich zieht, dass sich einige Menschen die medizinische Versorgung ihrer Haustiere nicht mehr leisten können.

Eine Vielzahl an Problemen also, die das Thema Tierschutz und die Diskussion darüber, was sich ändern muss, nicht gerade leichter machen, weil es so viele verschiedene Faktoren gibt, die darauf Einfluss nehmen.

Abschließend gibt es zu diesem Thema definitiv eins zu sagen: ein großes Danke an alle engagierten Tierschützer*innen. Was ihr leistet, ist so wichtig und wertvoll!

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