Dog & Talk - Auf eine Gassirunde mit Dr. Janey May

Dein Podcast für bedürfnisorientiertes Zusammenleben mit Hund

#110: Jugendentwicklung unserer Hunde

Diese Woche widme ich mich der Jugendentwicklung und Pubertät unserer Hunde. Dabei soll zuerst geklärt werden: Was ist überhaupt der Unterschied zwischen Junghundeentwicklung und Pubertät? Wann fängt das eine an und hört das andere auf? Und: Wann ist ein Hund denn endlich fertig? Viele Menschen wollen sich gerne auf bestimmte Altersangaben festlegen. Eine kurze Online-Suche spuckt genaue Zeitfenster aus, an denen man sich orientieren soll, um zu bestimmen, in welcher Entwicklungsphase sich der eigene Hund befindet. Aber eigentlich sollte doch klar sein: ein Chihuahua kann nicht mit einer Dogge verglichen werden!
Foto von klara welz auf Unsplash

Es ist unmöglich, pauschal zu sagen, wann die Pubertät bei Hunden beginnt und endet. Das kann nur für jeden Hund individuell bestimmt werden. Die Pubertät ist die Entwicklungsphase der Geschlechtsreifung, also finden währenddessen beispielsweise die Veränderung der Hormonproduktion oder die Ausprägung der sekundären Geschlechtsmerkmale statt – es geht dabei um die körperliche Entwicklung. Bei der Adoleszenz blicken wir auf die emotionale Reife, bzw. die psychosoziale Entwicklung eines Individuums, das langsam erwachsen wird. Wenn wir uns mit dieser besonderen Lebensphase unserer Hunde auseinandersetzen, in der sie sich vom Welpen zum erwachsenen Hund entwickeln, geht es uns Menschen oft weniger darum, ob die Hunde körperlich in der Lage dazu sind, Welpen zu zeugen, sondern wie es um ihre emotionale Verfassung steht. Der Fokus von uns Menschen liegt also primär auf der Adoleszenz. Denn die Vorstellung davon, dass es im Alltag nicht mehr ständig auf und ab geht, sondern dass man sich auf den Hund verlassen kann und Ruhe und Routine einkehrt, hat mit der Erwartung an die Entwicklung einer emotionalen Reife zu tun.

Angst vor der Junghundeentwicklung?
Die Junghundeentwicklung ist ein Lebensabschnitt, dem viele Hundehalter*innen mit Angst und Schrecken entgegenblicken. Diese Phase wird oft als besonders krass, unberechenbar und nervenzehrend dargestellt. In meinem Kund*innenstamm kann ich jedoch häufig das Gegenteil beobachten: Wenn auf die Bedürfnisse und die emotionale Gesundheit Acht gegeben wird, entpuppt sich die Junghundeentwicklung meistens gar nicht als Horror-Phase. Zum einen hilft der bedürfnis- und kompetenzorientierte Blick den Menschen, Verständnis für ihre Hunde aufzubringen. Auf der anderen Seite baut das gesamte Training darauf auf, es dem Hund so einfach wie möglich zu machen, Erfolgserlebnisse zu sammeln. Wenn kein Druck ausgeübt wird, entsteht auch kein Gegendruck!

Die ersten Schritte Richtung Erwachsenwerden
Die sogenannte Wackelzahnpubertät bringt bereits mehr Stresshormone, Kiefererregung, Schnapperei und Schwierigkeiten dabei, Ruhe zu finden. Wenn dann zusätzlich die Produktion der Geschlechtshormone angekurbelt wird, wirkt sich das auch auf das Verhalten aus. Die Hunde reagieren dann meistens deutlich schneller und haben eine kürzere Zündschnur. Bei Hündinnen treten durch die erste Läufigkeit bedeutende Veränderungen ein. Auf einmal ist die Welt für unsere Hunde ein wenig gruseliger als zuvor. Sie beginnen, alles deutlich intensiver wahrzunehmen, selbst die Körperoberfläche ist deutlich empfindlicher. Da liegt es nahe, dass gemischte, wilde Tobegruppen für die meisten Hunde sehr unangenehm sind. Die Hunde brauchen einfach mehr Unterstützung.

In der Welpenzeit wird oft viel Verständnis für die Hunde aufgebracht, aber in der Junghundeentwicklung hört das schnell wieder auf. Sei fair zu deinem Hund und merke dir: Ein Hund sollte in der Jugendentwicklung genauso viel Verständnis erfahren, wie ein Welpe. Diese Entwicklungsphase bringt so viel Neues, Aufregendes, Stressendes mit sich, dass unsere Hunde es verdienen, fair behandelt zu werden. Wenn du dir Wissen aneignest und verstehst, was dein Hund durchmacht, wirst du ihn bestmöglich unterstützen können. Du musst in dieser Phase keine großen Trainingsziele angehen. Sei einfach für deinen Hund da und füllt gemeinsam das Glas mit positiven Momenten. Dummytraining, Nasenarbeit, Spurensuche, Hoopers oder Tricktraining – das sind alles Beispiele für Hobbies, bei denen ihr gemeinsam Spaß und eine gute Zeit haben könnt. Denn darauf kommt es während der Jugendentwicklung an.

Wann ist ein Hund „fertig“?
Darauf würde ich gerne antworten: nie! Die Frage ist schwer zu beantworten. Denn Hunde, bzw. alle Lebewesen stecken in einer stetigen Entwicklung. Auf die Pubertät bezogen brauchen spätreifende Hunde mit viel Muskelmasse oder große Hunderassen deutlich mehr Zeit als kleine Hunde. Doch auf das ganze Leben bezogen ist es so, dass dein Hund nie wirklich fertig sein wird – denn auch mit dem fortschreitenden Alter ändern sich die Anforderungen wieder. Also hab eher deinen Hund als Ganzes im Blick und achte auf seine geistige Entwicklung: wann hat er Stress, wo braucht er Unterstützung.

Support in der Jugendentwicklung
Folgende Dinge kannst du während der Jugendentwicklung tun, um deinen Hund zu unterstützen;

  • Lerne deinen Hund kennen: Überlege dir, was deinem Hund bei der Bewältigung von Stress hilft und wie du sein emotionales Wohlbefinden steigern kannst.
  • Macht Dinge, die euch Spaß machen: Jungen Hunden wird schnell langweilig. Du kannst eure Spaziergänge so strukturieren, dass dein Hund seine Hobbies bestmöglich ausleben kann. Erwartungssicherheit fühlt sich immer gut an.
  • Seid ein Team: Es geht nicht darum, den Druck stetig zu erhöhen, sondern als Team durch diese Phase zu gehen.
  • Eine Prise Humor: Auch wenn alles drunter und drüber geht und es mal anstrengend ist – das geht vorüber. Du kannst die Entwicklung nicht beschleunigen, daher nimm es so wie es kommt. Humor kann dabei helfen.
  • Stell dir vor, er sei ein Welpe. Behandle ihn mit eben diesem Verständnis von damals.

Es kann auch helfen, sich zu überlegen, wen man sich selbst während der eigenen Jugendentwicklung an der Seite gewünscht hätte. Wahrscheinlich ist das eher eine Person, die Verständnis dafür aufbringen kann, dass alles, was passiert, nicht zu persönlich zu nehmen ist, als eine Person, die jegliches Erfahren von Selbstkompetenz verwehrt und Druck ausübt. Also, falls dein Hund gerade mitten in dieser Phase steckt: macht euch eine schöne Zeit und sei für deinen Hund da.

 

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