Dog & Talk - Auf eine Gassirunde mit Dr. Janey May

Dein Podcast für bedürfnisorientiertes Zusammenleben mit Hund

#115: Adoptieren statt kaufen - Teil 1

Diese Podcastfolge beleuchtet ein Thema, welches aus vielen Grautönen besteht: die ganz individuelle Entscheidung, ob man einen Hund adoptieren oder kaufen sollte.

Ich gehe weg von verurteilenden Positionen und Dogmen und gebe stattdessen Raum für einen offenen Dialog.

[Disclaimer: Eines möchte ich klarstellen: Qualzucht ist abzulehnen und muss endlich verboten werden. Das ist nicht verhandelbar! Wenn ich über Zucht spreche, sind Qualzuchten davon ausgeschlossen.]

Foto von Madeline Bowen auf Unsplash

Das Ziel dieser zwei Podcastfolgen ist es, eine differenzierte
Betrachtung zu ermöglichen. Denn es gibt mehr als nur 0 oder 100%.
Beispielsweise werden Menschen mit Rassehunden von Verfechter*innen des
„adopt don’t shop“ Slogans oft pauschal kritisiert. Dabei gibt es
etliche Rassehunde, darunter auch Qualzuchten, die aus dem Tierschutz
adoptiert werden können. Du merkst schon: die Entscheidung für einen
Hund ist von vielen individuellen Faktoren bestimmt. Lass uns gemeinsam
einen Blick auf die verschiedenen Perspektiven werfen.

 

Beginnen wir mit den grundlegenden Begrifflichkeiten
Vermehrer sind nicht dasselbe wie Züchter*innen. Vermehrer produzieren Tiere gezielt und sind ganz klar auf Profit ausgerichtet. Im Gegensatz dazu haben seriöse Züchter*innen kein reines Profitstreben. Es ist entscheidend zu betonen, dass gute Züchterinnen keine Überproduktion betreiben. Es gibt ein Spektrum, deshalb sollten wir uns bewusst machen, dass es nicht nur Vermehrer, oder rein profitorientierte Züchter*innen gibt.
Wichtig ist auch zu erkennen, dass nicht jede Organisation, die sich als Tierschutzorganisation bezeichnet, tatsächlich Tierschutz betreibt. Der Begriff „Tierschutz“ allein ist nicht immer Garant für verantwortungsvolles und zukunftsweisendes Handeln – dazu später mehr.
Die Begriffe „adoptieren“ und „shoppen“ sind komplex. Beide Szenarien involvieren Geldfluss. Während beim Shoppen oft Züchter*innen und Vermehrer in einen Topf geworfen werden, wird beim Adoptieren nicht immer differenziert. Es ist wichtig zu erkennen, dass es sowohl im Tierschutz gute als auch problematische Organisationen gibt. Die Vorstellung, dass Adoptieren immer die beste und einzig richtige Lösung ist, vernachlässigt die Vielschichtigkeit des Tierschutzes.

Die wichtige Aufgabe des Tierschutzes
Es ist wichtig zu erkennen, dass sowohl seriöse Vereine als auch verantwortungsbewusste Züchter*innen auf Kostendeckung angewiesen sind, ohne dabei Profit im Blick zu haben. Leider gibt es auf beiden Seiten Personen, die das Tierwohl hintenanstellen.

Doch die meisten Tierheime und Tierschutzorganisationen leisten einen unterschätzten Dienst für das Allgemeinwohl, denn Hunde haben sich nun mal nicht selbständig domestiziert, hier haben Menschen bewusst mitgewirkt. Wir haben also eine Verantwortung diesen Tieren gegenüber!

Der tägliche Umgang mit Tierleid belastet emotional, und lokale Tierschutzinitiativen kämpfen oft an der Grenze ihrer Ressourcen. Tierschützer*innen sind nicht nur am Limit, sondern darüber hinaus. Unterstützt lokale Vereine bitte mit allen Kräften, macht auf sie aufmerksam und ihren Dienst für das Allgemeinwohl.

Züchter*innen hingegen treffen bewusst die Entscheidung, eine Rasse zu erhalten und Tiere zu produzieren. Diese Wahl ist freiwillig und trägt im Bestfall eine enorme Verantwortung gegenüber den Tieren.

Die Geschichte der Zucht und menschliche Verantwortung
Die Geschichte der Zucht ist komplex und könnte eine eigene Folge füllen. Früher war Zucht zweckgebunden, heute liegt der Fokus oft auf dem äußeren Erscheinungsbild. So ist auch die Verantwortung gegenüber domestizierten Tieren entscheidend. Die Mensch-Hund-Beziehung ist speziell, und die Entscheidung für den Besitz von Hunden, unabhängig davon, ob adoptiert oder gekauft, birgt eine gewisse egoistische Komponente. Durch die Domestizierung tragen wir auf jeden Fall eine Verantwortung Hunden gegenüber, ihr Wohlergehen sicherzustellen.

Mischlinge = gesunde Hunde! Oder?
Das Argument, dass Mischlinge generell gesünder sind, basiert auf einer Vergleichsarbeit, die hauptsächlich Qualzuchten einbezieht. Bei Zuchthunden werden zahlreiche Untersuchungen durchgeführt, bei Mischlingen eher seltener. Das Verhältnis der Zahlen kann nicht in Relation gesetzt werden. Der Schluss „Hol dir einen Mischling, der ist gesünder“ ist daher nicht pauschal anwendbar. Ebensowenig, wie die Hoffnung, dass ein Rassehund für immer gesund bleibt.

Wann ist Adoption Tierschutz? Wie kann sie nachhaltig gestaltet werden?
Die Vorstellung, dass Adoptieren die einzig akzeptable Option ist und alles andere, einschließlich der Menschen, abgelehnt werden sollte, muss hinterfragt werden. Man könnte auch umgekehrt fragen, ab wann Adoption nicht mehr Tierschutz ist. Nachhaltiger Tierschutz erfordert vorausschauende Maßnahmen vor Ort, wie Kastrationsprojekte und medizinische Versorgung. Retten allein löst langfristig keine Probleme. Zusätzlich sollte die Aufklärung von Adoptant*innen zentraler Fokus sein. Tierschutzhunde sind keine dankbaren Wesen, sondern individuelle Tiere mit unterschiedlichen Bedürfnissen, auch basierend auf den Rassen, die sich in ihnen verbergen. Umfassende Aufklärung über mögliche Herausforderungen und die Abwägung der Verfügbarkeit von Ressourcen ist essenziell. Aktuell steigen Abgaberaten wieder, bedingt durch höhere medizinische Kosten, was eine zusätzliche Belastung für Tierhalter*innen darstellen kann. Das muss vorher thematisiert werden, auch wenn es ein systemisches Problem ist. Erneute Abgaben sollten möglichst umgangen werden, denn sie schaffen auf allen Seite erneutes Leid.

Eine tolle Option: der lokale Tierschutz
Gerade im Tierschutz vor Ort gibt es tolle Optionen, um einen Hund besser kennenzulernen. Hunde, die bereits eine Weile auf einer Pflegestelle gelebt haben, können in der Regel realistischer eingeschätzt werden und auch persönlich kennengelernt werden. In Tierheimen gibt es die Möglichkeit, mit den Hunden eine längere Zeit regelmäßig Gassi zu gehen oder ein Probewohnen durchzuführen. Gutem Tierschutz ist an einer erfolgreichen Vermittlung gelegen und je mehr Kennlernzeit es gibt, desto höher liegen die Chancen! Dass es zu schwierig ist, Hunde aus örtlichen Tierheimen zu adoptieren, höre ich immer wieder. Doch auch hier gilt wie so oft: es kommt darauf an. Auch ich kenne Fälle, in denen ich persönlich die Absage zur Vermittlung nicht nachvollziehen konnte, doch das bildet wirklich nicht ab, wie die allermeisten Vermittlungsprozesse in Tierheimen ablaufen. Es sind Einzelfälle, denn am Ende arbeiten dort Menschen, die sich auch mal falsch entscheiden und menschlich sind.

Ebenso wichtig: nicht alle Hunde aus dem Tierschutz sind Problemhunde. Klar ist der Tierschutz auch dafür da, eben diese Hunde zu betreuen und aufzufangen, deswegen sitzen sie meistens im Tierheim. Aber es gibt viel mehr als nur diese Tiere. Hier würde ich mir wünschen, dass von Einzelfällen, nicht auf alle geschlossen wird.

Vermehrung gibt es überall
Es ist mir wirklich wichtig, eine klare Trennlinie zwischen Vermehrerfarmen und seriöser Zucht zu ziehen. Jeder Mitleidskauf von Vermehrern unterstützt direkt das dahinterstehende System. Vor über 14 Jahren habe auch ich einen Mitleidskauf getätigt, nicht direkt von einer Farm, sondern von einer fragwürdigen, aber offiziell eingetragenen Zucht. Obwohl ich meine Entscheidung nie bereut habe, war sie falsch. Das Retten eines Einzeltiers hat letztlich das fragwürdige System unterstützt.
Vermehrerfarmen praktizieren bei Überproduktion oft grausame Maßnahmen, einschließlich Tötung der überschüssigen Tiere, denn nur Welpen sind wertvoll und werden gewinnbringend verkauft. Diese Praktiken müssen konsequent boykottiert werden. Oft werden die grausamen Methoden von Vermehrerfarmen verdeckt und es wird so getan, als ob die Tiere von einer netten Person in deren Wohnung verkauft würden. In Wirklichkeit erhalten diese Menschen die Hunde lediglich einen Tag vor dem offiziellen Verkauf. Wenn dir am Wohl der Hunde gelegen ist, informiere dich dazu bitte ausführlich und schau immer genau hin.

Auch im Auslandstierschutz sind Vermehrerfarmen präsent, die sogenannte Welpenmafia. Dort werden „arme“ Mischlinge gezielt produziert, um Geld einzubringen. Es ist ratsam, sich hierzu ebenfalls gezielt zu informieren und dieses Bewusstsein zu schärfen, um diese Systeme unter keinen Umständen zu unterstützen.

Der Welpe von nebenan
Die „Nachbar*innen“, die Hunde auf Plattformen wie eBay und über die lokale Zeitung verkaufen und dabei auf die Aussage „Die soll mal Junge bekommen“ setzen, dürfen nicht unterstützt werden. Solche Praktiken sind sehr gewinnbringend und bergen zahlreiche Probleme, wie z.B. das Nachahmen und das Aufrechterhalten des Mythos: Hündinnen müssen ein Mal Junge bekommen. Es mangelt oft an gesundheitlichen Screenings, und die Hunde wachsen oft nicht wirklich unter fachkundigen Bedingungen und guter Sozialisation auf. Für diese Hunde bleibt ein Hund aus dem Tierschutz ungesehen im Tierheim, ihre Zucht hätte nicht sein müssen.

Rassehunde gibt es auch im Tierschutz
Die Möglichkeit zur Adoption von Rassehunden ist ebenfalls im Tierschutz vertreten. Situationen, in denen Menschen ihre Hunde aufgrund von Krankheit, Tod, Jobverlust oder Allergien etc. abgeben müssen, sind keine Seltenheit. Normalerweise nehmen Züchter*innen ihre Hunde zurück, doch es ist wichtig zu bedenken, dass es Ausnahmen geben kann, warum dies nicht immer möglich ist. Es existieren Facebookseiten zu allen möglichen Rassen, oft unter dem Namen „Rasse XY-in Not“, wo Ehrenamtliche aktiv nach Rassehunden in Tierheimen suchen und Vermittlungshilfe leisten. Daher gibt es durchaus Rassehunde, die adoptiert werden möchten. Es ist unfair, Menschen im Netz anzugreifen, nur weil sie einen Rassehund haben, ohne die Hintergründe zu kennen oder zu verstehen.

Handle verantwortungsbewusst
Am Ende stellt sich bei einem Hund aus dem Tierschutz die entscheidende Frage: Bist du in der Lage, ein Leben mit Hund zu bewältigen? Verfügst du über die notwendigen Ressourcen und passt ein Hund in deine individuelle Lebensrealität? Bist du bereit, im schlimmsten Fall über Jahre hinweg viel zu investieren, wenn der Hund mehr Training und Verhaltenstherapie benötigt, als du dir je vorgestellt hast? Die Möglichkeit, einen Hund gründlich kennenzulernen und eine Weile mit ihm zusammenzuwachsen, sei es über Pflegestellen oder das örtliche Tierheim, stellt zweifellos die beste Variante dar.

Das Thema ist unfassbar komplex, und es ist unmöglich, alle Aspekte anzusprechen. Die Diskussion wird nächste Woche mit dem Fokus auf Hunde von Züchter*innen fortgesetzt. Vergiss nicht, reinzuhören – ich freue mich auf einen respektvollen und wohlwollenden Austausch!
 

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