Dog & Talk - Auf eine Gassirunde mit Dr. Janey May

Dein Podcast für bedürfnisorientiertes Zusammenleben mit Hund

#117: Der Hund muss gehorchen

Diese Woche steht ein Thema im Mittelpunkt, welches meine Community in letzter Zeit zu beschäftigen scheint: „Der Hund muss immer gehorchen“ und die dazugehörigen Verbindlichkeiten. Stell dir vor: Du bist mit deinem Hund im Wald unterwegs, die Abendstimmung ist malerisch, und dein Hund läuft frei. Plötzlich nimmt er eine Spur auf und rennt davon. Sollte er nicht auf dich hören, gerade weil ihr das so oft geübt habt? Kannst du hier nicht Verbindlichkeit von ihm erwarten?
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Verbindlichkeit im Zusammenleben mit Hunden
Sucht man im Internet nach „Verbindlichkeit“, findet man Erklärungen wie Verpflichtung oder Verschuldung eines Schuldners, gegenüber einem Gläubiger. Aber wie passt das zum Zusammenleben mit Hunden? Ich betone es immer wieder. Unsere Hunde haben sich nicht ausgesucht, bei uns zu leben. Wir sind es, die sie in unsere menschliche Welt bringen, mit Machtgefälle, weniger Entscheidungsfreiheiten und weniger Selbstwirksamkeit und ihnen damit viele Freiheiten nehmen. Daher ist es eine Verdrehung der Tatsachen, zu glauben, dass Hunde uns etwas schulden.

Realität vs. Social Media: Was wir von unseren Hunden erwarten
In den sozialen Medien scheint es oft, als ob Hunde wie perfekt programmierte Roboter agieren sollten. Diese Darstellung setzt Menschen unter Druck und schürt unrealistische Erwartungen. Es wirkt so, als müssten Hunde ab Tag X, den sie bei uns leben, alle notwendigen Signale in Perfektion durchführen müssen. Wenn sie dies nicht tun, dann solle man sie, so heißt es, zur Verantwortung dafür ziehen. In Wirklichkeit erfordert gutes Training, aus dem zuverlässige Signale hervorgehen aber Geduld, Verständnis und kleine Schritte. Es sollte immer darum gehen, dass der Hund weiß, was wir von ihm erwarten und dies in seinem eigenen Tempo lernen darf. Ein Hund, der aus Freude mitmacht, ist ganz anders als ein Hund, der aus Zwang handelt. Oder auch: Ein Hund, der will ist etwas anderes als ein Hund, der muss.

Ist der Rückruf also eine Verbindlichkeit?
Gewalt und Machtmissbrauch werden häufig damit gerechtfertigt, dass gesagt wird, dass die Verbindlichkeit der Sicherheit dienen soll. Dabei hat man am Ende keine zuverlässigen Signale, sondern setzt darauf, dass man den Hund bei nicht funktionierendem Signal doch noch mit einer energischen Stimme oder Ähnlichem hemmen kann. Es wirkt wie eine schnelle Lösung für den Freilauf, dabei ist es keine langfristige Lösung. Ein kleinschrittiger Ansatz dauert zu Beginn nur augenscheinlich etwas länger, ist dafür aber wirklich nachhaltig. Die Übersetzung für „Verbindlichkeit lernen“ ist am Ende nichts anderes als die Überlegung, wie stark man strafen sollte, damit sich ein Hund nicht mehr traut, hündisches Verhalten zu zeigen. Es geht um kein sauber und fair aufgebautes Training, sondern um Erwartungen an den Hund, die dieser gar nicht leisten kann, weil wir sie ihm nicht richtig vermittelt haben. Und Hunde eben Hundeverhalten zeigen.

Wie können wir das besser angehen? Bei meinem Hund Kenny habe ich einen klaren, schrittweisen Trainingsweg gewählt. Unser Ziel war, dass er auf mein Stopp-Signal reagiert, egal in welcher Situation. Ich habe das Signal über verschiedene Verstärker wie Spielzeug und Futter schrittweise aufgebaut und dabei immer Kennys Interessen und Bedürfnisse berücksichtigt. Heute kann ich sagen, dass ich mich auf unser Stopp-Signal wirklich verlassen kann und Kenny es gerne ausführt.

Die Individualität jedes Hundes im Training
Es ist wichtig, die Individualität und Einzigartigkeit jedes Hundes zu erkennen und zu respektieren. Kein Hund ist gleich, und daher sollte das Training auf die spezifischen Bedürfnisse und Fähigkeiten jedes einzelnen Hundes zugeschnitten sein. Ein bedürfnisorientiertes Training akzeptiert und fördert diese individuellen Unterschiede. Es gibt den Grundbaustein, dass über positive Verstärkung gearbeitet wird, aber die Grundbedürfnisse, die Verstärker und die einzelnen Schritte auf der Trainingsleiter, die unterscheiden sich von Hund zu Hund.

Fazit: Ein Plädoyer für Geduld und Verständnis im Hundetraining
Hundetraining sollte nicht auf strenger Gehorsamkeit basieren, sondern auf gegenseitigem Verständnis und Respekt. Lass dich nicht verunsichern! Es geht nicht darum, einen Hund zu einem Roboter zu machen, sondern um das Aufbauen einer starken, vertrauensvollen Beziehung. Jeder Hund hat seine eigenen Bedürfnisse und Fähigkeiten und das sollten wir immer respektieren und fördern.
 

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