Soziales Lernen ist ein Lernprozess, bei dem ein Individuum durch die Beobachtung anderer lernt, anstatt durch individuelles/assoziatives Lernen, also Konditionierung. Es steht im Unterschied zu Spezies typischem Verhalten, welches durch Gene festgelegt ist.

Im täglichen Miteinander lernen Hunde uns durch soziale Interaktionen kennen und einschätzen. Allerdings wird oft fälschlicherweise behauptet, dass dies soziales Lernen sei. Wenn ein Hund beispielsweise wiederholt geblockt oder auf sein Kissen geschickt wird, handelt es sich nicht um soziales Lernen, sondern um Strafvermeidung. Hier lernt der Hund durch negative Konsequenzen, eine bestimmte Handlung zu unterlassen. Also findet Konditionierung statt.

Experiment: Zeigegesten verstehen
Ein spannendes Experiment untersuchte, wie verschiedene Spezies soziale Hinweise interpretieren. Kinder, Affen, Hunde und Wölfe wurden getestet. Ziel war es herauszufinden, ob die Probanden einer menschlichen Zeigegeste folgen können, um ein Objekt zu finden. Überraschenderweise ähnelten sich die Ergebnisse von Kindern und Hunden und von Affen und Wölfen mehr– trotz der phylogenetischen größeren Unterschiede. Die Annahme war, dass Kind und Affe und Wolf und Hund aufgrund der engen Genetik ähnliche Ergebnisse erzielen würden. Dieses Phänomen wird als konvergente Evolution bezeichnet: Hunde haben sich durch die Domestikation an das Leben mit Menschen angepasst.

Verschiedene Formen des sozialen Lernens
Es gibt unterschiedliche Mechanismen, durch die Hunde durch Beobachtung lernen:

1. Funktionelle Imitation – Der Hund kopiert eine Handlung exakt.
2. Zielemulationslernen – Der Hund versteht das Ziel einer Handlung, wählt aber einen eigenen Weg zur Umsetzung.
3. Lokale Verstärkung – Der Hund wird auf einen bestimmten Ort aufmerksam, weil ein anderes Individuum damit interagiert.
4. Stimulus Enhancement – Ein Reiz wird für den Hund interessanter, weil ein anderes Tier oder ein Mensch damit interagiert. Hunde agieren mit ortsgebundener Präferenz, wie Kinder. Erwachsene Menschen mit objektbezogener Präferenz.

Do as I Do – auf die Feinheiten kommt es an
Die Methode „Do as I do“ erzielt funktionelle Imitation. Um assoziatives Lernen auszuschließen, muss dabei ein strikter Ablauf eingehalten werden. Das erfordert ein hohes Maß an Struktur und Präzision – was diesen Ansatz so besonders macht.

Soziales Lernen im Alltag
Hunde lernen nicht nur in gezielten Trainingseinheiten, sondern auch im Alltag durch Beobachtung:

• Welpen lernen von erwachsenen Hunden.
• Junge Hunde orientieren sich an älteren Artgenossen.
• Straßenhunde beobachten das Verhalten anderer Hunde, um sich in der menschlichen Umgebung besser zurechtzufinden.
• Trainings mit Demonstrationshunden fördern gezieltes Lernen durch Nachahmung.
• Sozialisationstrainings mit anderen Hunden erleichtern das Erlernen sozialer Regeln.

Fazit
Soziales Lernen bei Hunden ist ein faszinierender und wissenschaftlich gut erforschter Bereich. Hunde können durch die Beobachtung von Artgenossen und ihren Bezugspersonen effizient lernen. Wer dieses Prinzip versteht, kann es gezielt im Training einsetzen – oft mit schnelleren Ergebnissen als durch klassisches Shaping.